Aktuell: Seit einiger Zeit gibt es das Bestreben aus der Wiener Musikszene, ein eigenes Haus für neue Musik (verstanden in einem weiten Sinne) zu etablieren. Dazu findet eine Bedarfserhebung statt, was es dazu braucht und wie dieses Haus aufgestellt sein sollte. Die Ergebnisse werden im Herbst 2023 vorliegen.
Über die Initative
Aus dem Impuls zur Rettung einer einzelnen Spielstätte (echoraum) heraus hat sich seit Herbst 2017 mittlerweile eine breite, offene Initiative der Musikschaffenden in Wien entwickelt. In ungewohnter stil-, genre- und generationsübergreifender Solidarität zwischen bekannten und unbekannten MusikerInnen, kleinen und großen Institutionen sowie in Austausch mit Initiativen in anderen Kulturbereichen wurde und wird die zunehmend prekäre Lage der freien (nicht gesetzlich oder durch langjährige Förderverträge abgesicherten) Szene in Wien analysiert und geschlossen auf dringenden Handlungsbedarf hingewiesen.
Die ursprünglichen Forderungen der Initiative
1. Die Fördermittel für den freien Musikbereich in Wien müssen deutlich erhöht werden.
Die Fördermittel für den Musikbereich in Wien wurden von 1998 bis 2016 um 14 % gesenkt, indexbereinigt sogar um 38 %. Das ist im Vergleich mit der gleichzeitigen Steigerung des Bereichs Theater / Musiktheater um 100 % (indexbereinigt um 43 %) für den für Wien essentiellen Musikbereich teilweise existenzgefährdend. Dramatischer wird die Lage für viele Musikschaffende in der Musikstadt Wien zusätzlich noch dadurch, dass die Förderung sich immer mehr in Richtung auf große Institutionen verlagert hat: Während die Fördermittel für die acht größten Infrastrukturen im Vergleichszeitraum um 83 % zulegten (indexbereinigt um 30 %), sind die sogenannten „Ermessensausgaben“ der Kulturförderung der Stadt Wien teilweise dramatisch zurückgegangen. Der Initiative freie Musikszene Wien geht es nicht um die „Umverteilung von den Großen zu den Kleinen“, sondern um die deutliche Anpassung des Gesamtsektors Musik und um eine spürbaren Zurücknahme der Belastung der freien Szene.*
2. Die Musikförderinstrumente der Stadt brauchen eine Aktualisierung.
Die Struktur der Förderinstrumente im Musikbereich hinkt anderen Kulturbereichen in Wien ebenso hinterher wie der Musikförderungspraxis in anderen Städten. Eine Umstellung auf transparente Entscheidungsprozesse unter Einbeziehung von Fachgremien ist wünschenswert. Bei diesem Prozess sollte sowohl auf internationale Best-Practice-Modelle (Toronto, Berlin u. a.) als auch auf eine dialogische Einbeziehung der breiten Wiener Musikszene geachtet werden – letzteres ist in der Bundesförderung wie auch in anderen Bundesländern längst gang und gäbe.
3. Es ist Zeit für einen Entwicklungsplan freie Musikszene Wien.
Die Gelegenheit ist günstig, den aus der freien Szene kommenden Impuls kulturpolitisch aufzunehmen und einen Prozess in Richtung auf einen Entwicklungsplan für die freie Musikszene Wien zu starten. In Verbindung mit den beiden genannten Problembereichen sind weite Teile der Infrastruktur und des Musikbereichs in Wien in einem mittlerweile prekären Zustand. Über die beiden genannten Problembereiche hinaus sind zahlreiche Verbesserungen möglich, von Koproduktionsmodellen bis zu Mindesthonoraren. Die Initiative freie Musikszene Wien bietet sich für konstruktive Verbesserungen an – und fordert sie dringend ein.
*Quelle: Kunst- und Kulturberichte der Stadt Wien
Die bisherigen Erfolge der Initiative
1. Fördermittel
Die Fördersumme im Bereich Musik wurde deutlich erhöht.
Seit 2009 hat sich die Summe rund um ca. EUR 23.000.000 bewegt.
Fördersumme Musik gesamt
2018: EUR 25.732.500,00
2019: EUR 26.331.650,00
2020: EUR 28.722.702,00 (inkl. Corona-Arbeitsstipendien EUR 1.598.823)
2021: EUR 27.050.404,00
2022: EUR 29.069.378,00
Anteil Fördersumme Kompositionsförderung
2018: EUR 18.500,00
2019: EUR 160.000,00
2020: EUR 150.000,00
2021: EUR 150.000,00
2022: EUR 200.000,00
Anteil Fördersumme Arbeitsstipendien
2022: EUR 216.000,00
2. Musikförderinstrumente
Im Jahr 2018 wurde mit dem Musikbeirat ein fachlich kompetentes Gremium installiert. Der Musikbeirat gibt im Bereich der Projektförderung Empfehlungen ab.
Seit 2019 gibt es auch einen Beirat für die Vergabe von Kompositionsförderungen.
3. Entwicklungsplan für die freie Musikszene
Im Jahr 2018 wurde von Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler gemeinsam mit den Interessenvertretungen des Kunst- und Kulturbereichs in Wien ein Strategieprozess gestartet. Schwerpunktthemen sind gerechte Bezahlung und Raumbedarf für Kunst und Kultur. Dazu fanden bisher zwei Symposien statt:
Symposium „Freie Szene – Freie Kunst. Soziale Gerechtigkeit – Fair Pay. Konkrete Strukturen und Ideen für Wien“
Gemeinsam mit Interessengemeinschaften anderer Kunstsparten und verschiedenen Initiativen, etwa der Wiener Perspektive, sowie mit der Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler wurde im Jahr 2019 zum Thema „Fair Pay“ ein Symposium „Freie Szene – Freie Kunst. Soziale Gerechtigkeit – Fair Pay. Konkrete Strukturen und Ideen für Wien“ gestaltet. Ziel ist, dass sich Förderhöhen an Honorarrichtlinien orientieren und in weiterer Folge auch die Höhe des Kulturbudgets insgesamt.
Links:
- Symposium „Freie Szene – Freie Kunst. Soziale Gerechtigkeit – Fair Pay. Konkrete Strukturen und Ideen für Wien“ (Dokumentation)
- „Es geht jetzt darum, den nächsten sozialen Schritt zu gehen.“ – Veronica Kaup-Hasler im mica-Interview
- Mindesthonorarempfehlungen und Kollektivverträge im Musikbereich
Symposium „Freie Szene – Orte schaffen. Räume und Infrastrukturen für Kunst und Kultur in Wien“
Am 3. und 4. September 2020 fand das Symposium „Freie Szene – Orte schaffen. Räume und Infrastrukturen für Kunst und Kultur in Wien“ statt.
Links:
- Das war das Symposium „Freie Szene – Orte schaffen. Räume und Infrastrukturen für Kunst und Kultur in Wien“
- Vortrag von Sara Zlanabitnig und Arnold Haberl: Needs & Know-how: Raus aus der Resteverwertung
- Elisabeth Schimana war Botschafterin für die Musik und hat einen abschließenden Bericht zur Raumsituation der Musikszene gegeben
- Entwurf für ein Haus für neue Musik 3k MusikLabor